Schön, dass Du Bewie 's Mikrowelt besuchst. Möchtest Du kommentieren, kritisieren, richtigstellen, etwas anmerken? Dann bitte nach unten zur Kommentareingabe scrollen!
Einer der interessantesten Mikroskopier der barocken „Zopfzeit“ ist Martin Frobenius Ledermüller (1719 – 1769). Zu seinen Veröffentlichungen zählt die „Mikroskopische Gemüths- und Augenergötzung“, in der er seine mikroskopischen Beobachtungen mit kolorierten Kupferstichen und ausführlichen Texten dokumentierte.
Ledermüller arbeitete unter anderem mit einem so genannten Sonnenmikroskop, mit dem er das mikroskopische Bild in einem abgedunkelten Raum an die Wand projizieren und einem größeren Zuschauerkreis vorführen konnte. Der Raum hatte ein kleines Loch, durch das mit einer Außenoptik ein Sonnenstrahl gespiegelt wurde. Innen wurde der Strahl in die Beleuchtungsoptik des Mikroskops hineingelenkt. Weil die Sonne wandert, musste außen jemand stehen und den Strahl ständig nachjustieren.
Dieses Prinzip funktionierte aber offenbar einwandfrei und stellte quasi automatisch auch eine Zeicheneinrichtung zur Verfügung: Ledermüller konnte das Bild auf ein in einen Rahmen gespanntes Blatt Papier projizieren und seine Objekte dann direkt abzeichnen. Einige seiner Bilder zeigen diese Einrichtungen sowie andere Teile der damaligen Technik.
Ich will hier nicht weiter auf den höchst abwechslungsreichen Lebensweg dieses Mannes eingehen, Klaus Henkel hat hierzu einen schönen und informativen Aufsatz über Ledermüller geschrieben, der als PDF-Datei im Internet zu finden ist. Auch bei Wikipedia gibt es einen ausführlicheren Eintrag. Zum Teil war er Unterhaltungskünstler, da er den Damen und Herren des Bayreuther Hofes mit seinen mikroskopischen Vorführungen die Zeit vertrieb, zum andern Teil war er aber auch Wissenschaftler, der die damalige Literatur zu naturwissenschaftlichen Beobachtungen und Entdeckungen recht gut kannte und auch ausführlich mit anderen Naturwissenschaftlern über seine Beobachtungen korrespondierte. Seine Beobachtungen beschrieb er immer mit Bezügen zu der bereits vorliegenden Literatur.
Unten einige Beispiele aus Ledermüllers Werk. Zahlreiche weitere Bilder aus seinem Werk, oft mit den zugehörigen Texten, findet ihr unter der Kategorie Ledermüller. Für historisch Interessierte eine kleine Fundgrube!


Die finstere Kammer, oben auf der Tafel, das ist Ledermüllers Vorführraum für seine Mikropräparate. Das Sonnenmikroskop war an einen Fensterladen montiert und projezierte die Präparate an die Wand oder auch auf einen Schirm. Lichtquelle war die Sonne, das Fenster mit dem Laden musste also zur Südseite hin orientiert sein und die Vorstellung konnte nur bei Sonnenschein stattfinden.
Unten das Sonnenmikroskop an sich, das von der Londoner Werkstatt J. Cuff hergestellt wurde. Der Originaltext beschreibt die Maße: „Die ganze Grösse der vergoldeten Platte a. beträgt 9 Zoll in der Höhe und 5 nach der Breite, dessen Dicke aber kaum 1/2 Zoll. Der Spiegel ist 7 1/4 Zoll lang und 2 breit, die Röhre aber 6 1/2 Zoll zusammen der Vorlage und im Diameter 1 1/4 Zoll, daher man es gemächlich bei sich tragen kann.“
Lichtquelle war die Sonne auf der Außenseite, der Vorführer bzw. sein Gehilfe musste daher ständig an dem Hebel h herumhantieren und den Spiegel so nachjustieren, dass die wandernde Sonne ständig in die Röhre leuchtete. Vorne wurde (ab r) ein sogenanntes Wilsonsches Handmikroskop angeschraubt, in das die Präparate eingelegt werden konnten. Dieses Mikroskop ist auf den Tafeln 5 und 6 der Nachlese näher beschrieben.